13 - DIe Schule

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Die Schule


Große Bedeutung kam der Schule zu, wäre es doch für die Kinder der Siedlung unmöglich gewesen, den Unterricht in der Stadt zu besuchen. Bis zu Meusburgers Besuch 1923 gab es keinen Unterricht für die vielen Kinder. Der Staat förderte damals nur Schulen mit brasilianisch-portugiesischer Unterrichtssprache. Einen deutschsprachigen Unterricht mußten die Siedler selbst organisieren und finanzieren. (103)

Ab wann dann Schulunterricht erteilt wurde, ist nicht bekannt. Sicher ist, daß 1927 ein erstes, sehr einfaches, strohgedecktes Schulgebäude errichtet wurde. Anfänglich unterrichteten Kolonisten selbst, so Romed Bösch, der an der Zuckerrohrpresse eine Hand verloren hatte. Bösch war kein ausgebildeter Lehrer, aber das waren nur die wenigsten der damals an den deutschen Schulen Unterrichtenden. (104)

Zwischen 1929 und 1931 unterrichtete der schon erwähnte Luíz Steurer, welcher ein bescheidenes monatliches Salär von 120 Milreis bezog. (105) Später unterrichteten brasilianische Lehrerinnen, so Donna Gertrudes Lorenzo von 1934 bis 1937. In der 1939 mit Mitteln der Präfektur neuerrichteten Schule — den Grund dafür stellte Herr Hölzelsauer zur Verfügung — lehrte dann D. Aracy de Mello. Gertrudes Lorenzo hatte Franz Fink geheiratet und war mit ihm nach Rio Claro gezogen, wo sie eine Spielwarenfabrik eröffneten, in der auch Benjamin Fink Beschäftigung fand. (106)

Während anfänglich die Kolonisten ihre Schule selbst finanzierten, übernahm später die Gemeinde Itararé die Kosten für den täglich vier Stunden dauernden Unterricht in portugiesischer Sprache. Die Gemeinde zahlte fünf Milreis je Schüler, die Lehrerin verdiente etwa 160 bis 180 Milreis im Monat. (107)

Der Schulunterricht mußte während der Revolutionszeit 1934 unterbrochen werden, und es sieht so aus, als hätte sich in den dreißiger Jahren die Zusammensetzung der Schüler geändert. Denn noch Ende der zwanziger Jahre waren in drei Abteilungen 19 deutschsprachige Schüler, acht Mädchen, elf Knaben, und neun portugiesischsprachige Schüler, drei Mädchen, sechs Knaben, unterrichtet worden. Von den 28 Schülerinnen und Schülern, die bis zum Ferienanfang am 1. Dezember 1935 die Schule besucht hatten, waren elf als Brasilianer ausgewiesen, acht als Ungarn und nur noch neun als Deutsche. (108)

Das war doch eine deutlich andere Zusammensetzung als Ende der zwanziger Jahre. Hauptunterrichtssprache war vor der Machtübernahme von Getulio Vargas Deutsch. Zusätzlich wurde während des Winters in wöchentlich sechs Abendstunden Portugiesisch für Erwachsene angeboten. (109) Nach 1934 war, als Folge der brasilianisch-nationalistischen Politik, die Hauptunterrichtssprache Portugiesisch, wenngleich Minderheiten das Recht behielten, in öffentlichen Schulen ihre Sprache als Zweitsprache zu lernen. (110) Der Bundesstaat São Paulo gestattete ab 1935 fremdsprachigen Unterricht nur noch ab der fünften Schulstufe im Ausmaß von einer Stunde am Tag, ab 1937 gar erst für Kinder ab zwölf Jahren. Und 1938 wurden fremdsprachige Schulen gänzlich verboten. (111) Auch durften nur mehr gebürtige Brasilianerinnen und Brasilianer unterrichten, was wohl im Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Orientierung eines Gutteils der deutschen Lehrerschaft sowie der brasilianischen Assimilierungspolitik gesehen werden muß. (112) 1935 wurde zweimal in der Woche jeweils vier Stunden in Deutsch unterrichtet; diesen Unterricht finanzierte der Schulverein der Kolonie, dem alle Kolonisten angehörten. Daß unter dieser wechselvollen Schulgeschichte das Bildungsniveau litt, wird auch von jenen bestätigt, die dort unterrichtet wurden. (113)
ZU KAPITEL 14
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